Dienstag, 30. Juni 2020
42
Jahre ist her, da bin ich mit meinem ersten Hund durch diesen Wald gestromert. Es gab so vieles zu entdecken, so viele Wege, Felder, im Dickicht versteckte Winkel. Es war eine so grosse Welt, dass es egal war, nie aus diesem 400-Seelen-Kaff rauszukommen. Egal, dass nur drei Busse am Tag fuhren. Egal, dass wir, dumm wie wir waren, lieber zu einem Flecken gehören wollten, als zur etwas grösseren Kreisstadt, und somit eben auch immer nur ein Kaff, gehörig zu einem weiteren Kaff, bleiben würden.

Heute kann ich durch diesen Wald nicht mehr mit meinen Hundemädels gehen, ohne dass mir hinterher die Brust brennt und zieht und ich unsagbar traurig bin und irgendwie unmöglich einsam. Damals, da hatte ich meinen allerersten Freund - drei Jahre waren wir zusammen - und natürlich erlebten wir alles, was junge Paare so erleben. Ich war damals auch traurig und irgendwie alleine, aber es hatte einen echten Grund und wenn ich gewollt hätte, hätte mich das Jugendamt abgeholt und betreut. Ich wollte aber nicht. Oder vielleicht konnte ich auch nicht, so scheu und alleine wie ich war.

Damals, da war ich voller Ideen, hatte Träume, Wünsche, hatte eine heimlich ausgedachte, tolle Zukunft. Alles war möglich. Ich glaubte fest daran. Dass das nicht so war, weiss ich heute. Und auch das tut weh in der Brust, ist aber nicht gravierend - wer hat schon seine Jugendträume wirklich gelebt? Ich kenne niemanden.

Heute war ich wieder in diesem Wald. Er ist verwildert, viele Wege gibt es nicht mehr und überall stehen Wildschutzzäune. Die Hunde fanden es toll, ich auch, aber ich wusste, dass mich dieses mieses, beschissene Gefühl wieder einholt. Und wieder war das Kaff, ein bisschen grösser als damals, ausgestorben. Niemand zu sehen, ein paar parkende Autos, aber keine Menschen. Das Dorf selbst so wie damals. Die Strassen so eng und klein wie damals. Und doch ist alles anders.

Und den Freund von damals, den allerersten überhaupt, kann ich nirgends finden. Als ob es ihn nie gegeben hätte. Ich kann mich erinnern, wie er damals aussah, aber ob ich ihn heute noch erkennen würde? Fragwürdig. Und nirgendwo finde ich ihn. Kein Telefonbucheintrag, kein Facebook, kein nix.

42 Jahre. Und nichts ist geblieben. Nur brennende Brust und inneres Weh. Ich sollte es lassen. Nie wieder in diesem Wald spazieren gehen. Nie wieder dran denken.

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Dienstag, 23. Juni 2020
Urlaub macht traurig
Auf dem Rückweg mussten wir wegen der Überhitzung des Motors unseres ziemlich alten Wohnmobils auf Steigungen und im Stau ab Fulda über die Landstrasse fahren. Dorf, Dörfchen, Städtchen, olles Drecksnest, Dorf, Dorf, Dörfchen und so weiter und so weiter.

Die Sonne ging langsam unter, das Licht war schon weich und sanft und die Fenster der Häuser spiegelten nur noch schwach und blass. Wie viele Leben hier vergehen, einfach so, ohne an der Welt teilzunehmen? Leben, die in jedem einzelnen Tag verrinnen, einfach dahintropfen, als würde ein alter Wasserhahn im Keller undicht sein und Jahr für Jahr sein "Klopf-Klopf" im Ausguss verschwinden.
Wieviele Menschen leben hier fernab der Welt und kaum jemand weiss, dass es sie gibt?

Und ich selbst? Ich lebe auch in einem Dorf nahe einem Städtchen. Ich lebe mein Leben und nur dieses. Keine Welt bei mir daheim. Keine Abenteuer oder grossartige Heldentaten. Nur ein Leben unter vielen in einem Dorf, von dem kaum einer weiss, geschweige denn von mir.

Ist das nicht furchtbar? Ist das nicht fürchterlich schön? Ich weiss von dem kleinen, winzigkleinen Licht, das ich bin. Es macht mich manchmal traurig in all der alltäglichen Mühsal. Aber andererseits ist es nicht schlimm, wenn mir ein Fehler passiert. Oder ich keine Lust habe. Oder mir die Welt am Arsch vorbeigehen kann. Ich tue, wie ich mag und kann und kaum einen stört es. Ist doch eigentlich prima, trotz der mich manchmal packenden Traurigkeit.

Das kleine Licht arbeitet seit gestern wieder. Ja, Urlaub macht traurig. Besonders am ersten Montag danach. Aber dann geht es wieder. Muss ja. Immer weiter und weiter. Immer nach vorn. Nie nach hinten.

***

Beide Hündinnen läufig. Sie tropfen munter dahin und verrenken sich, um den Popo sauber zu halten. Eine verfressen wie dumm, die andere ohne Lust auf Essen. Der Nachbarsrüde klettert über den Maschendrahtzaun und steht dann vor einer verschlossenen Stahltür. Armes Ding. :-)

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Freitag, 12. Juni 2020
Eine Woche weg
Fertig mit allem. Job. Packen. Aufräumen. Ringsrum alle und alles versorgen. Eine Woche weg. Fein, fein.

Habe ich mir verdient.

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Mittwoch, 10. Juni 2020
Nur Rumgerenne. Und Arbeit.
Solche Tage wie heute sind so richtig scheisse. Von frühmorgens an nur am Rennen und Machen und kein Ende in Sicht.

Einfach kein Ende in Sicht.

Bis zur Rente auch noch ewig.

Ich mag nicht mehr. Ich will frei haben.

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Dienstag, 9. Juni 2020
Schlafen will ich. Schlafen.
Seit anderthalb Jahren ist es mit dem Schlaf nicht weit her. Was vermutlich am Alter liegt und an meinem Restless-Legs-Syndrom. Wobei ich die Zappelbeine ja laut meiner Ärztin mit den neuen Medikamenten gut im Griff habe (wenn sie das sagt, muss es ja stimmen, hahaha).

Jedenfalls schlafe ich meist beim Gute-Nacht-Stream ein(ich schaue kein TV, ausser direkt vorm Einschlafen). Also, so mitten im Film. Kurzes Hochschrecken, Versuch 1, weiter zu schauen, wieder einnicken. Versuch 2.... und so weiter. Irgendwann mache ich dann den Fernseher aus, lösche das Licht und will wirklich richtig schlafen.

Und schwupps, bin ich wach. Hellwach!

Sobald ich dann doch einschlafe, so wirklich und richtig, geht das Theater los. Stündlich wache ich wieder auf. Das Gefühl meint, ich hätte vier Stunden geschlafen, aber der Blick auf die Uhr sagt, es waren ca. 60 Minuten. Muss ich aufs Klo? Habe ich Durst? Ist mir heiss? Kalt? Nix ist. Meistens. Manchmal habe ich eine Hitzewallung von den beschissenen Wechseljahren, manchmal muss ich Pippi, aber meist ist eben nix.

Das geht dann bis sieben, halbacht. Und dann bin ich auch froh, dass ich aufstehen muss. Darf. Denn dieses ewige Aufwachen und diese endlose Nacht, das ist nicht schön, eher ein bisschen qualvoll.

Müde bin ich am Tage ab frühen Nachmittag. Aber das geht vielen Leuten so, also egal. Aber ab zehn am Abend geht dann fast gar nichts mehr. Ausser Streams schauen. Gestern war es dann Amazon.

***

Das Ende ist erst der Anfang, via Amazon.de

Endlose Landstrassen, ein weites Land, ein wichtiger Auftrag in irgendeinem Kaff, in dem die Menschen so sind, wie man eben am Ende der Welt in einem kargen Dorf ist. Ein bisschen Prügel, ein bisschen Melancholie. Dazu zwei, drei seltsame Reisende und jede Menge roter Fäden, die am Ende alle aufeinandertreffen. Das alles mit einer Prise Humor erzählt. Prima Film. Echt jetzt.

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Montag, 8. Juni 2020
Patrick Melrose
Hätte ich fast übersehen, diese berührende Miniserie auf Sky (Go), bei dem schreiend bunten Angebot dort. Bin froh, reingeschaut zu haben.

Patrick Melrose, via Sky.de

Patrick Melrose ist ein armes Schwein. Zielstrebig hält er fest an und in seinem selbstzerstörerischem Lebensgebilde und man hält den Atem an und wartet auf den Moment, an dem er sein Ziel erreicht hat. Was Alkohol nicht ausreichend ausblendet, wird mit harten Drogen bekämpft. Ein endloser Taumel, unterbrochen von kurzen, klaren Momenten, in denen man sein inneres Weh spürt, und auch den Zorn, der in ihm lodert.

Zwischendurch immer wieder Rückblenden, in den Patrick als kleines, stilles Kind unter der Tyrannei seines Vaters fast zerbricht. Könnte man, würde man den Vater anschreien, ihn schütteln, schlagen, würgen. Wie kann man seinem eigenen Kind, irgendeinem Kind, so etwas tun? Wie kann man einem Kind statt Liebe Grausamkeit entgegenbringen? Was ist das für ein Mensch? Ist es überhaupt ein Mensch?

Und die Mutter, die sich hinter Unmengen von Alkohol versteckt, sich ganz klein, ja, unsichtbar macht? Wo ist die mütterliche Zuwendung, die Umarmung, die schützende Liebe? Nirgendwo!

Patricks Leid ist fühlbar. Fast ist man versucht, ihm ein Gelingen seines Unterfangens zu wünschen. Doch er stirbt nicht. Er rappelt sich immer wieder auf, entkommt mehrmals knapp dem Tode und macht dann genauso weiter. Und das alles nicht begleitet von finsteren Todesmelodien, sondern in einem mitunter fast fröhlichen Ton, mit einem Lächeln, einem Lachen, mit geradezu grotesker Heiterkeit, die eigentlich nicht passt, aber gerade deshalb willkommen ist (anderenfalls würde man die Miniserie auch nicht anschauen können, das mag und kann keiner durchhalten).

Eines Tages jedoch reicht es selbst dem gequälten Mann und er steht den Entzug durch. Schafft es, die Welt mit nüchternem Verstand wahrzunehmen und standzuhalten. Er gründet eine Familie und es schaut so aus, als wäre endlich alles gut.

Doch das ist es nicht. Vater tot, Mutter ein Pflegefall, die Verpflichtung gegenüber der eigenen Familie immer ein wenig zu gross, zu fordernd. Und dann überschreibt die Mutter den grossen Familiensitz einem Fremden. Patrick droht erneut der grosse Absturz.

***

Man muss nicht unbedingt selbst einen solchen Vater gehabt haben, nicht selbst missbraucht und körperlich und seelisch misshandelt worden sein, um zu begreifen, was in Patrick vorgeht, woran er leidet. Die inneren Qualen des Mannes sind greifbar und trotz allen lustigen Momenten weiss man einfach, dass dieser Mensch sich nicht mit dem Leben zurechtfindet.

Einige Filmmomente sind mir vertraut, nicht in diesem Maße, aber dennoch. Kindheit ist nicht immer rosig und lustig, sie kann auch schmerzhaft und ein Grummeln, ein Biss, ein scharfes Brennen in der Brust sein. Irgendwann jedoch ist man alt genug, selbst über sein Leben zu entscheiden, einen Strich unter alte Dinge zu ziehen und vorwärts zu gehen. Vorwärts. Immer nur vorwärts. Hinten, was hinten liegt, das war ein anderes Leben, ein anderer Mensch. Man selbst ist neu. Und mutig.

Patrick, geh vorwärts, immer nur vorwärts!

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Sonntag, 7. Juni 2020
Jo, Göttingen!
Kaum glaubt man, die Corona-Krise wäre bei uns halbwegs überwunden, da feiern ein paar Bekloppte im Iduna-Zentrum das muslimische Zuckerfest. Und das, obwohl einer der Bekloppten unter Quarantäne stand.

Möchte ich in Göttingen einkaufen, oder einfach nur in die Richtung spazieren fahren, macht mein Auto 13 Kilometer. 13! Also quasi gut zum eben mal warm werden.

Das Iduna-Zentrum ist nach seiner Glanzzeit (damals war dieses hässliche Hochhaus echt eine gehobene Adresse) zu einem Pferch der sozialschwachen geworden. Seit dem netten Zuckerfest muss man leider geistesschwach dazufügen.

Hunderte neu Infizierte. Alle Schulen und Kitas in Göttingen erneut geschlossen. Die Seuche zieht sich wie ein roter Faden durch alle Lebenslagen. Und die feierfreudigen Verursacher verweigern einfach den Coronatest und pöbeln aus den schmutzstarrenden Hochhausfenstern und vom vogelschissigen Balkon.

Ich, also ich persönlich, ich hätte die alle verhaftet. Echt jetzt.

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Hündin eins ist läufig. Urlaub mit Freunden und deren Hund an der Ostsee ist gestrichen. Will man ja auch nicht, dass der Rüde der Freunde die ganze Nacht heult und jammert und keiner mehr zu Ruhe kommt. Naja, wäre nicht mein Problem, aber sind die letzten Freunde, die in den Jahren echt noch Freunde geblieben sind. Also lieber nicht. Stattdessen fahren wir alleine nach Bayern, die Rüden dort kenne ich nicht, ist mir also wurscht, ob die nachts noch schlafen können. Die Freunde tummeln sich unterdessen alleine an der Ostsee. Und bleiben Freunde.

Wann Hündin zwo nachzieht, wird sich zeigen. Vermutlich demnächst in diesem Kino.

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Selbstgemachtes Spülmittel ist, naja, kacke. Überall auf dem Geschirr bleibt ein fettiger Film und das Spülbecken ist fies seifig verschmiert. Mal eben zwischendurch kann man mal machen, aber auf Dauer ist das nicht so meins. Waschmittel geht hingegen. Allerdings wird das sehr fest und das aufschütteln ist ein kleines Sportprogramm. Kann fast einen Tanz draus machen.

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Habe nix abgenommen. Zugenommen aber auch nicht. Ehrlich gesagt, fresse ich einfach zu viel Schokolade. Das muss endlich aufhören!

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